Wir befinden uns in den frühen 1940er Jahren in Los Angeles in den Vereinigten Staaten. John A. Morgan, der Barkeeper des „Cock’n Bull“ Pubs in Hollywood bleibt auf seiner selbstgemachten Ingwerlimonade sitzen. John G. Martin, Manager des Spirituosenunternehmens G. F. Heublein, das gerade die ursprünglich aus Russland stammende Marke Smirnoff gekauft und aus Paris in die USA verlegte, kommt an John Morgans Tresen. Sein Problem: Er weiß nicht, wie er den in den USA noch relativ unbekannten Vodka an den Mann – oder besser gesagt – in den Mund der amerikanischen Gesellschaft bekommt. Komplettiert wird unsere Runde von Sophie Berezinski, einer russischen Emigrantin, die auf 2 000 selbst entworfenen und in der väterlichen Fabrik produzierten Kupferbechern sitzen geblieben ist.
Ob ein Hollywood-Autor bei dieser Entstehungsgeschichte nachgeholfen hat oder nicht, es geschieht das Unausweichliche, wenn drei frustrierte, aber ambitionierte Unternehmer zusammen in einer Bar sitzen: Sie kreieren einen Drink.
Wer den Limettensaft mit ins Spiel brachte, ist unverbürgt, ebenso der Urheber der Idee sowie die Beweggründe, den als Highball konzipierten Moscow Mule nach einem Maultier aus Moskau zu benennen. Wie gesagt, wir befinden uns bei der Entstehung des Drinks in einer Bar ....
Sicher ist jedoch, dass der im unkonventionellen und doch aufsehenerregenden Kupferbecher servierte Drink aus Vodka, Ginger Beer, Limettensaft und Eis mit seinem erfrischend süß-scharfen Geschmack das schaffte, wovon Moskau nur zu träumen wagte: Er eroberte Amerika und läutete somit auch den Siegeszug des Vodkas in den Vereinigten Staaten der 50er Jahren ein, der die westlichen Bars von nun an fest im Griff haben sollte. Auch die Marke Smirnoff, die absolute Vodka-Besteller wie den Smirnoff Red Label No. 21 Vodka 37,5% Vol. vertreibt, wäre ohne den Triumphzug des Moscow Mule womöglich nicht zum unangefochtenen Marktführer unter den Vodka-Brennereien aufgestiegen.
Nach der Jahrtausendwende war der Moscow Mule auch aus der europäischen Drink-Landschaft nicht mehr wegzudenken, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass Ginger Beer stärker auf dem europäischen Markt Fuß fasste. Vormals wurde stattdessen oft das weiter verbreitete Ginger Ale verwendet, was im Vergleich zum Ginger Beer jedoch deutlich milder ist und somit den für Moscow Mule charakteristischen Ingwer-Biss nicht voll zur Geltung kommen lies.
Barkeeper experimentierten zudem weltweit mit verschiedenen neuen Varianten des mittlerweile zum Klassiker gewordenen Moscow Mule. Sie tauschten Vodka durch Gin aus, fügten einen Spritzer Bitter hinzu oder kombinierten den Drink mit neuen Garnierungen wie der aufgrund ihrer Frische mittlerweile oft in Cocktails Verwendung findenden Gurke. So findet man heutzutage in vielen Metropolen dieser Welt eine eigene Variation des Moscow Mule; es gibt zum Beispiel den Maui Mule, den Mexican Mule, den London Mule oder auch den Munich Mule.